Donnerstag, 13. Juli 2017

13. Juli 1917


„Die Nachrichten aus der Heimat wurden niederdrückend. Front und Heimat waren nicht mehr eins. Das Los der „Unabkömmlichen“ und der anderen zu Hause stach zu schroff von dem des Frontsoldaten ab, als daß dieser nicht auf bittere Vergleiche gekommen wäre. Und die Beurlaubung wurde immer schlechter, der dauerhaften Urlaubssperren, unserer geringen Zahl und der Reisetage wegen, die von Rußland aus verloren gingen; zehn bis zwölf Monate stand es an, ehe man wieder einmal den „Muz“ (Militärurlauberzug) besteigen und auf 21 Tage heim durfte und fünf gingen davon für die Reise drauf. Ernährungsschwierigkeiten faßten zudem die Truppe; die Portionen mußten zu oft und zu scharf herabgesetzt werden und aus Wolhynien und seinem Hinterland, die selbst Mangel litten, war nichts Eßbares aufzubringen. Zum erstenmal lernten wir die Knappheit ernstlich kennen. Von Sauerampfer-salat, Brennesselgemüse und Kräutertee wurde man nicht fett. Eicheln, mit denen wir von unserem Revier im Herbst überschüttet wurden, konnte man nicht kochen; wir sammelten sie jedoch für die Etappe zur Viehmast. Der vom Feldlazarett veranstaltete Lehrkurs für die Truppenköche über die „ergiebigste und schmackhafteste Zubereitung der Feldkost“ vervollkommnete sie zu Meistern ihres Fachs, aber die Portionen wurden dadurch auch nicht größer. Die Truppenhunde verschwanden. Im Winter beherrschte die Kohlrübe den Speisezettel; der Frost hatte die Kartoffelzufuhr abgeschnitten und was eintraf, war erfroren; trotz des Merkblatts des Feldintendanten war die Meinung nicht, daß „die erfrorene Kartoffel bei Beachtung der vorgeschriebenen Vorbehandlung nicht nur ihren Nähr-wert, sondern auch ihren Wohlgeschmack voll wiedererlangt.“
Die Kräfte gingen zurück, die Reserven des Körpers waren aufgezehrt und man bot nachgerade den Anblick eines zwar noch strammen, aber ziemlich hohlwangigen, von der Uniform verschlotterten Gerüstes; selbst die wenigen unbekehrbar Dicken fielen nun vom Fleisch. Vielleicht hatte auch diese Enthaltsamkeit ihr Gutes; vergnügter machte sie nicht.

aus: „Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1925


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