„Mit unermüdlichem Fleiß war schon am 24. August der 1. Graben wieder
durchlaufend gangbar gemacht und in verteidiungsfähigem Zustande.
Auch der Feind arbeitete rege an seiner Stellung.
Da setzt am 24. August um 4.15 Uhr nachmittags plötzlich ein heftiger Feuerüberfall
auf die 1. Linie und dahinter mit allen Kalibern, auch mit schweren Minen, ein;
Flers liegt unter starkem Feuer. Um 5.10 Uhr nachmittags ist der ganze
Regimentsabschnitt völlig zugedeckt, alles in Rauch und Staub gehüllt. Als
gegen 5.45 Uhr der Gegner sein Trommelfeuer vorübergehend etwas nach rückwärts
verlegt, wird schwaches Infanterie-feuer im Delville-Wald hörbar.
Die Abschnitte der 5. und 7. Kompagnie werden mit heftigstem Feuer aller
Kaliber von bisher noch ungewohnter Stärke beschossen und melden 6.20 Uhr
nachmittags hierüber; zu gleicher Zeit werden starke Bewegungen und
Ansammlungen der Engländer gegen-über 5./119 und linkem Flügel 121 festgestellt.
Unser Sperrfeuer setzt sofort ein. Um 6.35 Uhr abends wird das feindliche
Artilleriefeuer zum Orkan. Die Lage am linken Flügel des Regiments (7./119)
wird 6.50 Uhr bedenklich, als die linke Nachbartruppe dem Trommelfeuer nach
rückwärts ausweicht. In demselben Augenblick, in dem der Feind sein
Trommelfeuer hinter unseren vorderen Graben verlegt, stürzt die bereitge-stellte
feindliche Infanterie zum Angriff vor, während auch schon die ersten roten
Leuchtkugeln im Regiments- und Nachbarabschnitt hochgehen. Das deutsche
Sperr-feuer steigert sich nun zur größten Entfaltung. Doch dem in Haufen
anstürmenden Gegner gelingt es nach Niederkämpfung der durch das starke Feuer
stark zusammenge-schmolzenen und betäubten Besatzung, in den völlig eingeebneten
Abschnitt der 5. Kompagnie und des linken Flügels 121 einzudringen. Sofort
schwenkt der Feind zum Aufrollen unserer Stellung ein, entlang des 1. Grabens
vordringend. Der Besatzung ist entweder tot oder verwundet oder verschüttet.
Die auf dem linken Flügel der 7. Kompagnie zusammengezogenen Reste der
Verteidiger leisten dem Feinde verzweifel-ten Widerstand. Um diese Zeit waren
sämtliche Telephonleitungen nach vorne längst zerstört. Nachrichten von dort
durch den feindlichen Feuerriegel, der alles in Rauch verhüllt, sind nur durch
Meldegänger oder zurückkommende Verwundete zu erhalten. 35 feindliche Flieger
kreisen über den Stellungen.
Das Regiment ordnete einen sofortigen Gegenstoß an. Unter zielbewußten
Führung des Leutnants d. R. Ißler arbeitete sich gegen 7.30 Uhr abends die 3.
Kompagnie im und entlang des Grenadiergrabens trotz schwerer Verluste durch das
immer noch sehr heftige Sperrfeuer nach vorne. Es gelingt der Kompagnie, bis
auf 150 Meter an den Delville-Wald heranzukommen und dort weiterem Vordringen
der Engländer Halt zu gebieten; hierbei wurde Ißler verwundet.
Unterdessen hatte die ebenfalls zusammengeschmolzene 8. Kompagnie seit 6.30
Uhr nachmittags schwere Kämpfe in ihrem Graben zu bestehen. Von Schulterwehr zu
Schulterwehr warf sie mit den Resten der 7. Kompagnie den in ihrer rechten
Flanke sich befindlichen Gegner zurück. Gegen 9.30 Uhr abends immer noch sehr
heftige beider-seitige Artillerietätigkeit. Die 7., 8. und 6. Kompagnie halten
ihre Gräben im Delville-Wald; die 7. Kompagnie hat hierbei mit den Resten der
6. Kompagnie den rechten Flügel zurückgebogen. Auch die 2. Kompagnie wird
abends noch in die vordere Linie vorgezogen; sie bringt zugleich dringend
benötigte Gewehrmunition und Handgranaten mit, verliert aber dabei ihren so
bewährten Führer, Leutnant d. R. Schmidlin. Gegen 10. Uhr abends erhalten zwei bei
121 befindliche Kompagnien des Inf.-Reg. 88 den Befehl, die Lücke zwischen 119
und 121 zu schließen.
Links hatte die 6./119 Anschluß an 125.“
aus:
„Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1927
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